Geschichte

13.12.1919: Gründung der Arbeiterwohlfahrt

Die sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Marie Juchacz hatte als Vertreterin der Nationalen Frauengemeinschaft für Köln schon während des Ersten Weltkrieges im örtlichen Ernährungsausschuss gearbeitet. Ihr waren alle Aspekte des Armenrechts und der Armenverwaltung bekannt, so auch die entwürdigenden Konsequenzen – rechtliche und gesellschaftliche Ausgrenzung – die jeden Empfänger von öffentlicher Unterstützung im Kaiserreich unweigerlich trafen. Diese oft willkürliche Armenpflege, eine Mildtätigkeit von oben herab, wollte Juchacz abschaffen.

Am 13.12.1919 brachte Marie Juchacz ihren Vorschlag der Gründung einer sozialdemokratischen Wohlfahrtspflege erfolgreich im SPD-Parteivorstand ein: Der Hauptausschuss für Arbeiterwohlfahrt wurde ins Leben gerufen.

Ein wichtiger Ansatz der neuen Organisation war der Gedanke der Hilfe zur Selbsthilfe: Durch praktische und theoretische Schulung der Arbeiterschaft sollte helfende Solidarität möglich werden. Zweiter wichtiger Bestandteil war die politische Arbeit, die auf die Überwindung der individuellen, willkürlichen Armenpflege und die Schaffung einer neuen staatlichen Wohlfahrtspflege zielte.

Angesichts der Lage, in der sich das Deutsche Reich nach dem Ersten Weltkrieg befand – die im Januar 1919 ausgerufene Republik litt unter den Folgen des Krieges, Mangelernährung und Unterernährung waren besonders bei Kindern verbreitet – überrascht es nicht, dass die Arbeiterwohlfahrt zu Beginn in erster Linie akute, sichtbare Not lindern musste. Ehrenamtliche Mitglieder sorgten für Wärmestuben und Suppenküchen, verwalteten Kindererholung und begannen, in Nähkursen Frauen und Mädchen auszubilden. Hinzu trat dann die Ausbildung und Schulung der Fürsorger und Fürsorgerinnen in sozialer Arbeit – ab 1928 bildete die Arbeiterwohlfahrt in Berlin in ihrer eigenen Schule aus. So konnte sie im Laufe der 1920er Jahre zu einer Organisation mit ca. 135.000 ehrenamtlichen Helfern und ca. 2.500 Ortsausschüssen heranwachsen.

Zu den Gründerinnen und frühen Mitarbeitern gehörten neben Marie Juchacz unter anderen Hedwig Wachenheim, Louise Schröder und Walter Friedländer. Später trat Lotte Lemke hinzu, die ab 1930 als Geschäftsführerin die Wohlfahrtsorganisation entscheidend mitprägte. 1933 verweigerte die Arbeiterwohlfahrt den Beitritt zur Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV). Die AWO wurde aufgelöst, ihr gesamtes Vermögen beschlagnahmt. Marie Juchacz musste das Land verlassen.

Bald nach dem Zweiten Weltkrieg nahm die Arbeiterwohlfahrt ihre Arbeit wieder auf, die Wiedergründung in den westdeutschen Ländern erfolgte 1946. Seit 1990 gibt es die AWO auch wieder in den ostdeutschen Ländern. Die Arbeiterwohlfahrt ist föderativ und demokratisch aufgebaut und gehört zu den Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege.